Perspektive

Korrespondenten-Dinner im Weißen Haus feiert „freie Presse“ inmitten von Propaganda für Krieg, Völkermord und Repression

Bei der Abendgala der White House Correspondents’ Association (WHCA) am Samstagabend stellten die bürgerlichen Medien ihre Unterwürfigkeit gegenüber der Regierung von Präsident Joe Biden auf ekelhafte Weise zur Schau. Sie versuchten, die blutige Rolle einer Regierung zu vertuschen, die vollumfänglich an Israels Völkermord in Gaza beteiligt ist und in der Ukraine den Nato-Krieg gegen Russland anführt, wodurch die Welt immer näher an einen atomaren dritten Weltkrieg gebracht wird.

Etwa 2.600 Personen, darunter Journalisten von Print- und TV-Medien, ihre Firmenchefs und geladene Gäste aus Washington und Hollywood, gaben sich ein Stelldichein. Am Haupttisch saßen Präsident Joe Biden, Vizepräsidentin Kamala Harris und ihre Ehepartner. Die Veranstaltung war der Höhepunkt einer mehrtägigen Festlichkeit, zu der auch Partys und Empfänge gehörten, die von Unternehmensverbänden und Lobbyisten, Botschaften und anderen wohlhabenden Einflussnehmern in der US-Hauptstadt veranstaltet wurden.

Präsident Joe Biden stößt bei der Abendgala der White House Correspondents Association auf die „freie Presse“ an. 27. April 2024 [AP Photo/Manuel Balce Ceneta]

Mit dem Bankett der WHCA richten die bürgerlichen Medien jedes Jahr eine teure Party zu ihren Ehren aus, bei der sie ihre engen Verbindungen zur amtierenden Regierung und zum politischen Establishment insgesamt feiern, während sie gelegentlich ein Loblied auf die Pressefreiheit anstimmen – allerdings immer in einer Weise, die mit der US-Außenpolitik übereinstimmt.

So wurde viel Sorge um den Wall Street Journal-Reporter Evan Gershkovich geäußert, der seit über einem Jahr in einem russischen Gefängnis festgehalten wird, und um den Kriegsberichterstatter Austin Tice, der vor mehr als 12 Jahren in Syrien inhaftiert wurde. Aber niemand erwähnte den Namen des berühmtesten Journalisten, der derzeit inhaftiert ist: Julian Assange, Gründer von WikiLeaks.

Dies ist umso bedeutsamer, als der Hauptredner der Abendgala, Präsident Biden, persönlich für Assanges Inhaftierung verantwortlich ist. Assange ist seit mehr als vier Jahren im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh inhaftiert, nachdem die US-Regierung seine Auslieferung an die Vereinigten Staaten gefordert hatte, um ihn nach dem Espionage Act vor Gericht zu stellen, was eine Haftstrafe von bis zu 175 Jahren bedeuten kann.

WHCA-Präsidentin Kelly O’Donnell, ihres Zeichens NBC-Korrespondentin und Moderatorin der Abendgala, erwähnte zwar die in Gaza getöteten Journalisten – sie sprach von fast 100, obwohl die tatsächliche Zahl bei mindestens 175 liegt –, benannte aber nicht die Regierung und das Militär, die für diese Tode verantwortlich sind, nämlich das Netanjahu-Regime und das israelische Militär. Sie wies auch nicht darauf hin, dass der Mann, der die Waffen für die Tötung der Journalisten geliefert hatte, nur wenige Meter rechts von ihr auf dem Podium saß.

Das war kein Versehen. Der Völkermord im Gazastreifen, der etwa 40.000 Palästinenser das Leben gekostet hat, einschließlich der gezielten Tötung von Ärzten, Universitätsprofessoren, Lehrern, Dichtern, Journalisten und anderen, die eine unverzichtbare Rolle in der modernen Kultur spielen, überschattete die Veranstaltung.

Als die Teilnehmer aus ihren Limousinen und Taxis ausstiegen und das Washington Hilton betraten, mussten sie an hunderten Demonstranten gegen den Völkermord vorbei, die die US-Medien wegen ihrer Vertuschung der Verbrechen Israels verurteilten und „Schämt euch!“ riefen. An einer Stelle skandierte die Menge: „Westliche Medien, wir sehen euch und all die Schrecken, die ihr versteckt.“

Doch während der Gala gab es keinerlei Hinweise auf die Demonstranten vor dem Gebäude oder die Massenproteste in dutzenden US-amerikanischen Städten und an zahlreichen Universitäten, wo die überwiegend jugendlichen und studentischen Demonstranten Massenverhaftungen und Verweisen trotzen, um den Völkermord in Gaza anzuprangern und ein Ende der offiziellen Unterstützung für das faschistoide israelische Regime zu fordern.

National Public Radio berichtete über einen Brief von „mehr als zwei Dutzend Journalisten in Gaza“, die zum Boykott des WHCA-Dinners aufriefen. Im Brief heißt es:

Der Tribut, der uns abverlangt wird, weil wir lediglich unsere journalistische Pflicht erfüllen, ist erschütternd. Wir sind Verhaftungen, Verhören und Folter durch das israelische Militär ausgesetzt, und das alles wegen des „Verbrechens“ journalistischer Integrität.

Der Brief wurde von den Journalisten, die sich im Washington Hilton eingefunden hatten, ignoriert.

Während die palästinensische Bevölkerung und auch Journalisten in Gaza Hunger leiden, genossen die Teilnehmer des WHCA-Dinners Vorspeisen wie „Jicama, Mango, Pepitas & Baby Oak Salad“ mit einer „Brotpräsentation“ aus vier Brötchensorten und Fladenbrot.

Es folgten die Hauptgerichte: „Geräuchertes Filet eingerieben mit Paprika, Wildpilzragout, Pancetta und Gala-Apfel-Demi, gebratener Heilbutt aus Alaska, Mascarpone-Käse-Steingrieß, geschälter Jumbo-Spargel und geröstete Baby-Paprika“, heißt es in einem Bericht. Dazu und zu „ausgesuchten Desserts“ wurden Chardonnay und Cabernet Sauvignon von Weingütern der Westküste gereicht.

Während der Abendgala wurden mehrere Auszeichnungen verliehen. Der Preis für Berichterstattung unter Zeitdruck, sowohl für Print- als auch für TV-Medien, ging an Reporter, die über Bidens Reise nach Israel nach dem Hamas-Anschlag vom 7. Oktober berichtet hatten. Die tatsächlichen Umstände dieses Besuchs wurden nicht erwähnt. Biden war nach Jerusalem geeilt, um der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seinen faschistischen Gesinnungsgenossen einen Blankoscheck für den Krieg auszustellen, den sie gegen die Bevölkerung des Gazastreifens eingeleitet hatten und der bereits viele Tausend Menschen getötet hatte.

Als Biden schließlich das Podium betrat, waren seine Äußerungen vorhersehbar. Er machte für ein paar Minuten vorgefertigte Witze über sein Alter und Trumps juristische Probleme, gefolgt von einer zehnminütigen Lobeshymne auf die „freie Presse“ als einer Verbündeten, wenn es darum geht, die Demokratie gegen ihre Gefährdung durch Donald Trump zu verteidigen.

Er würdigte den „Patriotismus und das Heldentum“ der Medien, „wenn Sie die Wahrheit über die Lügen berichten. Deshalb möchte ich den Abend mit meinem aufrichtigen Dank an die freie Presse abschließen.“

Dies wurde vor einem Publikum gesagt, das seine Darstellung der Universitätsproteste gegen den Völkermord im Gazastreifen geändert hat und sie nun stets als „antisemitisch“ bezeichnet. Diese Verleumdung wurde von der Biden-Regierung und von reaktionären Kongressabgeordneten beider Parteien propagiert.

„Sie riskieren buchstäblich Ihr Leben bei der Ausübung Ihrer Arbeit“, fuhr er fort. „Einige Ihrer Kollegen haben ihr Leben gelassen. Viele haben schwere Verletzungen erlitten. Andere Reporter haben ihre Freiheit verloren. Journalismus ist eindeutig kein Verbrechen, nicht hier, nicht dort, nirgendwo auf der Welt.“

Doch für Julian Assange und andere Whistleblower, die die Verbrechen der CIA und des amerikanischen Imperialismus enthüllt haben und für die mutigen Reporter, die die Verbrechen des israelischen Staates in Gaza und im Westjordanland dokumentieren, gilt diese Zusicherung nicht. Was sie getan haben und tun, ist in den Augen von imperialistischen Kriegstreibern wie Biden und Netanjahu ein Verbrechen. Mehr noch, es ist ein Verbrechen, das mit dem Tod bestraft wird.

Auf Biden folgte eine nicht enden wollende Reihe flacher Witze und lahmer Beleidigungen von Colin Jost von Saturday Night Live, dem vorgesehenen „Unterhaltungsprogramm“ der Veranstaltung. Jost vermied es tunlichst, den Massenmord in Gaza, die Verleumdung von Demonstranten gegen den Genozid als „Antisemiten“ durch Regierung und Medien und den Polizeiterror an den Universitäten als Angriffe auf die Pressefreiheit und der politischen Meinungsfreiheit anzusprechen.

Er schloss mit einer inbrünstigen Hommage an Biden. Sein Großvater, ein langjähriger Feuerwehrmann, der kürzlich verstorben ist, habe 2020 für Biden gestimmt, „weil du ein anständiger Mann bist“. Ohne eine Miene zu verziehen fuhr Jost fort:

Er hat für Anstand gestimmt. Und Anstand ist der Grund, aus dem wir alle heute Abend hier sind. Anstand ist der Grund, warum wir alle heute Abend hier sein können. Anstand ist der Grund, warum wir Witze übereinander machen können und keiner von uns danach ins Gefängnis muss.

Es ist schwierig, die genaue Kombination aus vorsätzlicher Ignoranz und erbärmlicher Unterwürfigkeit vor dem kapitalistischen Staat zu bestimmen, die solche Aussagen gebiert. Doch alle an dieser erniedrigenden Angelegenheit Beteiligten sind für immer davon besudelt. Angesichts eines welthistorischen Verbrechens loben und preisen sie dessen Anstifter und Mitverschwörer.

Indem sie den Völkermord in Gaza und die Rolle der USA darin vertuschen, machen sich die bürgerlichen Medien selbst zu Komplizen. Sie spielen nicht die Rolle einer unabhängigen „Vierten Gewalt“, die „im Angesicht der Macht die Wahrheit“ sagt, wie selbstgefällige Medienmacher gerne behaupten. Vielmehr agieren sie als Höflinge, die den Verbrechern im Weißen Haus schmeicheln, während diese noch blutigere Verbrechen vorbereiten – darunter den finalen Angriff auf Rafah und die Entsendung von US- und Nato-Kampftruppen, um in der Ukraine Krieg gegen Russland zu führen.

Diese Realität unterstreicht, wie notwendig es ist, die World Socialist Web Site als sozialistische Alternative zu den bürgerlichen Medien zu entwickeln und zu unterstützen.

Die WSWS sagt der Arbeiterklasse und der ganzen Weltbevölkerung die Wahrheit: Dass der einzig progressive Weg vorwärts derjenige der Revolution ist. Die Arbeiterklasse muss die Macht übernehmen, der kapitalistischen Barbarei und dem Krieg ein Ende setzen und weltweit eine sozialistische Gesellschaft errichten, die auf Frieden, Demokratie und sozialer Gleichheit beruht.

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