Socialist Alternative unterstützt den Präsidentschaftswahlkampf von Cornel West

Die pseudolinke Organisation Socialist Alternative, die seit langem als Werkzeug der US-Demokraten fungiert und 2016 und 2020 die Präsidentschaftskandidatur von Bernie Sanders unterstützt hat, stellt sich bei den Wahlen 2024 hinter die Kandidatur von Professor Cornel West.

Professor Cornel West, der 2024 als US-Präsidentschaftskandidat einer Drittpartei antritt, bei einer Rede in Los Angeles im letzten Jahr (AP Photo/Damian Dovarganes) [AP Photo/Damian Dovarganes]

Letzten Monat veröffentlichte die Socialist Alternative auf ihrer Website einen Artikel mit dem Titel „Das Zweiparteiensystem tötet uns – können wir eine Alternative aufbauen?“, in der sie Wests kürzlich gegründete Partei „Justice for All“ (Gerechtigkeit für alle) als potenzielle „linke Massenpartei der Arbeiterklasse“ darstellt. In Wirklichkeit hat die Partei „Justice for All“ kein klares politisches Programm und wurde hauptsächlich gegründet, damit West zur Wahl zugelassen wird.

Letztes Jahr hatte die Socialist Alternative erstmals ihre Unterstützung für West erklärt, als sich dieser als ehemaliges Mitglied der Demokraten und der Democratic Socialists of America für die Präsidentschaftskandidatur der Grünen bewarb. Zuvor hatte er angekündigt, er wolle sich um die Nominierung der People’s Party bewerben, einer politischen Gruppierung ehemaliger Unterstützer von Senator Bernie Sanders. Später schied West aus dem Nominierungsprozess der Grünen aus und erklärte, er werde als Unabhängiger antreten. Keine dieser politischen Drehungen und Wendungen hat der Socialist Alternative zu denken gegeben.

Am 16. Juni 2023 begrüßte das Exekutivkomitee der Socialist Alternative Wests Kandidatur und erklärte, sie habe „das Potenzial, eine dringend benötigte linke Alternative für Arbeiter und Unterdrückte zu bieten“. Bernie Sanders wurde in ihrer Erklärung ganze 15-mal erwähnt. Das Exekutivkomitee klagte:

Die Loyalität von Sanders und des „Squad“ [eine Gruppe von „progressiven“ weiblichen Kongressabgeordneten der Demokraten] gegenüber den Demokraten wurde für bösartige Angriffe auf die Arbeiter benutzt, u. a. um den Streik der Eisenbahner zu verhindern. Diese Loyalität hat außerdem die Fähigkeit, Bewegungen der arbeitenden Menschen zu organisieren, stark beeinträchtigt und den Schwung vergeudet, den Bernie Sanders mit der „politischen Revolution“ seines Wahlkampfs gegen die Milliardärsklasse in Gang gesetzt hat.

Die eigentliche Sorge war, dass Sanders und das „Squad“ im Kongress, die von der Socialist Alternative offen unterstützt wurden und zu deren Wahl sie aufgerufen hatte, durch ihre Verbindung zur Politik der Demokraten für Krieg, Völkermord und Sparpolitik mittlerweile so diskreditiert waren, dass sie ihre Funktion als „linkes“ Feigenblatt der Demokraten nicht mehr erfüllen können.

Im vergangenen August kündigte die Socialist Alternative eine „Students for Cornel West“-Kampagne an und schrieb: „Wir brauchen einen Systemwandel und Cornel Wests Kandidatur bietet uns die Gelegenheit, uns zu wehren... Wenn wir etwas bewirken wollen, muss Cornel Wests Wahlkampagne den Charakter einer Massenbewegung an der Basis haben. Junge Menschen müssen eine zentrale Rolle dabei spielen, die anfängliche Basisdynamik aufzubauen, die immer größere Schichten von Menschen anziehen kann, die veränderungshungrig sind.“ Seitdem hat die Socialist Alternative an jeder Universität, an der sie aktiv ist, für West Wahlkampf gemacht.

Im November äußerte die Socialist Alternative in einem Artikel ähnliche Sorgen über „linke und progressive Wähler, die die falschen Versprechen der Demokraten satt haben“, und rief West dazu auf, „die Lücke zu füllen“, die durch die wahrscheinlich bevorstehende Wahl zwischen zwei weithin verhassten Kandidaten – dem Möchtegern-Führer Trump und „Genocide Joe“ Biden – entstehen wird.

Die Unterstützung der Organisation für Wests Kandidatur als „linke, arbeiterfreundliche“ Opposition zu den Demokraten und Republikanern zielt darauf ab, die wachsende Zahl von Arbeitern und Jugendlichen in den USA in die Irre zu führen, die den Demokraten den Rücken kehren.

Die politische Bilanz von Cornel West

Die Demokraten führen gegenwärtig einen „Generalangriff“ auf Drittparteien und unabhängige Kandidaten, u. a. gegen West, um deren Wahlzulassung zu verhindern. Das bedeutet jedoch nicht, dass West eine wirkliche Opposition gegen das Zweiparteiensystem darstellt.

Kshama Sawant (Foto: Stadtrat von Seattle)

Jede ernsthafte Bewertung von Wests Bilanz würde die Möglichkeit beeinträchtigen, dass seine Kandidatur diese immense Wut in der Sackgasse bürgerlicher Politik gefangen halten kann. Zudem würde sie die reaktionäre Rolle der Socialist Alternative entlarven.

West hat jahrzehntelang Politiker der Demokraten unterstützt. In den 1980ern schloss er sich den DSA an und war ihr Ehrenvorsitzender. In den 1980ern machte er Wahlkampf für Jesse Jackson und unterstützte 2008 Barack Obamas Wahlkampf, bevor er ihn nach der Wahl kritisierte.

West hat in begrenztem Maße Kritik an den Demokraten geübt und Obama als „schwarzes Maskottchen der Wall-Street-Oligarchen“ bezeichnet. Genau wie die Socialist Alternative beteiligte sich auch West an dem politischen Betrug der People's Party, die 2017 mit dem Ziel gegründet wurde, Sanders zur Gründung einer neuen Partei zu drängen. Sowohl West als auch die Socialist Alternative unterstützten Sanders' Präsidentschaftswahlkampf.

Nachdem sich Sanders 2016 hinter Hillary Clinton gestellt hatte, wechselten West und die Socialist Alternative zur Grünen-Kandidatin Jill Stein und unterstützten sie. Im Jahr 2020 gingen sie getrennte Wege. West rief zur Wahl Bidens auf, die Socialist Alternative unterstützte den Mitbegründer der Grünen und Präsidentschaftskandidaten Howie Hawkins.

Die Grünen agieren als Pressure Group, die auf die Demokraten ausgerichtet ist. Im Wahlkampf sammeln die Grünen Stimmen für demokratische Kandidaten und behaupten, ihre Präsenz würde die Demokraten unter Druck setzen, „progressivere“ politischen Positionen zu übernehmen.

Wenn es überhaupt irgendeine Konstante in Wests Wechsel von einem politischen Bündnis zum anderen gibt, dann ist es seine Ablehnung des Marxismus und des Aufbaus einer Partei der Arbeiterklasse. In seinem Buch The American Evasion of Philosophy: A Genealogy of Pragmatism lehnte er den Marxismus und die Arbeiterklasse ausdrücklich als „vorherbestimmten historischen Akteur“ ab und vermied bewusst Begriffe wie „Kapitalismus“ und „Sozialismus“.

Die WSWS erklärte in einem früheren Kommentar zu Wests Wahlkampf:

Im Kern gehört Wests Philosophie zur Schule des amerikanischen Pragmatismus, wie er insbesondere von Richard Rorty entwickelt wurde, bei dem West in den frühen 1970er-Jahren in Princeton studierte. Es gibt verschiedene Spielarten des Pragmatismus, die alle im Wesentlichen die Möglichkeit einer objektiven Wahrheit bestreiten und daher auch leugnen, dass die Geschichte ein gesetzmäßiger Prozess ist. In seinen modernen Formen und insbesondere in den Schriften von Rorty richtet sich der Pragmatismus ausdrücklich gegen den Marxismus und Trotzkismus. Diese besagen, dass die Arbeiterklasse eine objektiv revolutionäre Kraft ist, dass dieselben Widersprüche, die im 20. Jahrhundert zur Revolution geführt haben, im 21. andauern und dass die wichtigste Aufgabe der Aufbau einer sozialistischen Führung der Arbeiterklasse ist.

Cornel Wests pragmatische Herangehensweise an Politik und Theorie beinhaltet eine eklektische Mischung aus am schwarzen Nationalismus orientierter Rassen- und Identitätspolitik, die er mit offen religiösen und irrationalen Konzeptionen verbindet. Seine politischen Verbündeten verortet er nicht nur unter den pseudolinken, offenen und stillschweigenden Unterstützern der Demokraten, sondern auch unter libertären und offen rechtsextremen Kräften.

Dies wird am deutlichsten in seiner Haltung zur Pandemie, die sich an die wissenschaftsfeindlichen Positionen von Personen wie Robert F. Kennedy Jr. angepasst hat. Wie die WSWS in einem aktuellen Artikel erklärt hat, erhebt West auf seiner Website u. a. die folgende Forderung: „Einberufung eines Bundesgremiums von Wissenschaftlern und Experten zur Untersuchung der Sicherheit und Verwendung von Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten“.

Letzten September erklärte West in einem Interview mit dem rechtsextremen Comedian Jimmy Dore: „Die Bedenken, die Sie sowie RFK Jr. und andere haben, sind meiner Meinung nach durchaus begründet.“

Kürzlich beteiligte sich West an einer von der rechtsextremen Libertarian Party of California veranstalteten Podiumsdiskussion, bei der er sich mit Kandidaten solidarisierte, die für die Abschaffung der Einkommenssteuer und aller Regulierungen für Unternehmen eintreten.

Cornel Wests Politik kann nur dazu dienen, unter Millionen von Jugendlichen und Arbeitern, die mit der Gefahr von Atomkrieg, Völkermord und Faschismus konfrontiert sind, Verwirrung und Desorientierung zu stiften.

Was hinter der Unterstützung der Socialist Alternative für Cornel West steckt

Die Ausrichtung der Socialist Alternative auf Cornel West ist kein Zufall. Sie ergibt sich aus dem gesamten historischen Werdegang der Organisation, der sich aus der Zurückweisung des Trotzkismus entwickelt hat.

Die Socialist Alternative ging aus dem Committee for a Workers' International (CWI) hervor, einer internationalen Gruppe um Ted Grant, einen britischen Renegaten vom Trotzkismus. Grant brach 1950 mit der Vierten Internationale, nachdem er sich geweigert hatte, sich gegen das Renegatentum von Jock Haston zu stellen. Haston war eine führende Persönlichkeit der britischen Sektion und hatte erklärt, die Vierte Internationale habe „kein Recht“, zu behaupten, sie sei die Führung der internationalen Arbeiterklasse.

Ebenso wie Michel Pablo, dessen revisionistisches Programm bei der Gründung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale 1953 zurückgewiesen wurde, propagierte Grant die Vorstellung, dass die Stalinisten oder eine andere Bewegung als die revolutionäre Arbeiterklasse den Kapitalismus stürzen würden. Nach der Spaltung 1953 schlossen sich Grants Anhänger Pablos Internationalem Sekretariat an. Sie traten dafür ein, dass sich die trotzkistische Bewegung in das auflöst, was Pablo die „echte“ Massenbewegung nannte: stalinistische und sozialdemokratische Parteien und bürgerliche nationale Bewegungen. In ihren Augen gab es keine Grundlage für die unabhängige Existenz der Vierten Internationale und die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse.

Im Jahr 1965 brach Grant mit der pablistischen Organisation, die sich nach ihrer Wiedervereinigung mit der American Socialist Workers Party im Jahr 1963 Vereinigtes Sekretariat nannte. Er leitete 1974 die Gründung des CWI, allerdings auf Grundlage einer pablistischen Perspektive. Grants Gruppe, die Militant Tendency, behauptete, die Labour Party könne durch die Verstaatlichung der Industrie und andere reformistische Maßnahmen den Sozialismus herbeiführen, und konzentrierte sich darauf, ihren Mitgliedern Positionen im Apparat zu verschaffen. Dies bewahrte die Gruppe jedoch nicht davor, während der umfassenden Säuberung von linken Elementen unter Labour-Parteichef Neil Kinnock ausgeschlossen zu werden.

Die britische Gruppe spaltete sich schließlich 1991, da sich Grant selbst nach den Parteiausschlüssen weigerte, Kandidaten gegen die Labour Party aufzustellen. Eine gegen Grant gerichtete Mehrheit behielt die Kontrolle über die britische Gruppe und das CWI. Ihre amerikanischen Unterstützer gründeten die Socialist Alternative. Diese brach schließlich 2019 mit dem CWI und gründete die International Socialist Alternative, ohne sich mit den grundlegenden historischen und politischen Fragen zu befassen, die hinter der antitrotzkistischen Perspektive des CWI stehen, die Arbeiterklasse der bestehenden Gewerkschaftsbürokratie unterzuordnen.

Die Socialist Alternative wurde erstmals 2013 landesweit bekannt, als Kshama Sawant in den Stadtrat von Seattle gewählt wurde. Zweifellos wollten viele ihrer Wähler ihre Ablehnung gegenüber dem Zweiparteiensystem zum Ausdruck bringen, doch Sawant trat mit einem beschränkt reformistischen Programm zur Wahl an, das sich nicht von denen bestimmter demokratischer Kandidaten unterschied. Sie wurde von diversen Gewerkschaftsbürokraten unterstützt, die eng mit den Demokraten zusammenarbeiteten, um Tarifverträge mit Kürzungen durchzusetzen.

Wie die WSWS im Jahr 2013 erklärte: „Die Socialist Alternative und ähnliche Gruppen vertreten eine Tendenz in der bürgerlichen Politik. Der Unterschied zwischen ihnen und den politischen Akteuren, die direkt in der Demokratischen Partei arbeiten, ist taktischer Natur.“ Wir warnten außerdem, die Gruppe wolle eine Bewegung nach dem Vorbild von Syriza in Griechenland aufbauen, die in den Jahren nach ihrer Wahl die umfangreichsten Sparmaßnahmen in der Geschichte des Landes umgesetzt hatte.

Diese Einschätzung hat sich in den letzten zehn Jahren bestätigt. Die Socialist Alternative hat verschiedene Kandidaten der Demokraten unterstützt und ist kurzzeitig den DSA beigetreten. Jetzt unterstützt sie West und seine Kampagne, um „Druck auszuüben, damit die Politiker im Inneren Raum zum Atmen haben“.

Die gleiche politische und soziale Orientierung zeigt sich auch in der Intervention der Socialist Alternative in die Massenproteste gegen den Völkermord in Gaza. Während sowohl die Socialist Alternative als auch West die systematische Ermordung von Zivilisten verurteilen und Biden mit demagogischer Rhetorik anprangern, besteht die einzige von ihnen vorgeschlagene politische Lösung in der Perspektive, Druck auf die Biden-Regierung auszuüben, um das Blutbad zu beenden, das diese seit Monaten finanziert.

Am 23. Dezember wies die Socialist Alternative in einem Artikel begeistert auf angebliche Anzeichen hin, dass Biden „in seinen öffentlichen Äußerungen über Netanjahu einen gewissen Kurswechsel vollzogen hat. ... Was fehlt, ist eine organisierte Kraft, die die weit verbreitete Antikriegshaltung unter Arbeitern und Jugendlichen zu einer nachhaltigen Bewegung entwickeln kann, die den gewohnten Gang der Geschäfte stören kann. Das ist letztlich, was aufgebaut werden muss, um die Biden-Regierung zu zwingen, auch nur einen Zentimeter nennenswertem Abstand zwischen sich und das Blutbad im Gazastreifen zu bringen.“

Anfang Februar schrieb die Socialist Alternative – nicht ohne Zynismus – in einem Artikel mit dem Titel „Wie wir für einen Waffenstillstand kämpfen“, die Bewegung gegen den Völkermord habe „wichtige Auswirkungen“, weil sie „Biden enormes Kopfzerbrechen bereitet“, außerdem „das Terrain für die Wahlen 2024“ verändert und „zumindest teilweise eine Rolle beim Absturz von Bidens Zustimmungswerten gespielt hat“.

Danach heißt es in dem Artikel, jetzt sei größerer „öffentlicher Druck“ auf die Demokraten notwendig! Weiter wird darin erklärt: „Es ist von entscheidender Bedeutung, Bidens Schuld unbestreitbar zu machen; sie werden nur dann Zugeständnisse machen, wenn wir den Einsatz erhöhen und die soziale Macht der Arbeiterklasse zum Tragen bringen.“

Wenn in dem Artikel von der „Arbeiterklasse“ die Rede ist, ist damit in Wirklichkeit die nationalistische, korporatistische Gewerkschaftsbürokratie gemeint. Socialist Alternative lobte die UAW und andere Gewerkschaftsbürokratien, die systematisch mit der Biden-Regierung zusammengearbeitet haben, um den Ausbruch von Streiks zu verhindern, die den Kriegskurs des US-Imperialismus gefährden würden.

Die Politik von West und der Socialist Alternative, die völlig darauf ausgerichtet ist, Druck auf die Demokraten auszuüben, ist auch Ausdruck ihrer Feindschaft gegenüber dem Kampf zum Aufbau einer unabhängigen sozialistischen Partei in der amerikanischen und internationalen Arbeiterklasse. Durch die Unterstützung von Cornel Wests Präsidentschaftswahlkampf bringt die Socialist Alternative nicht die sozialen Interessen von Arbeitern und Jugendlichen zum Ausdruck, sondern von begüterten Teilen des Kleinbürgertums und von denjenigen, die Teil dieser Gesellschaftsschicht werden wollen.

Trotz aller radikalen Rhetorik geht es ihnen vor allem darum, eine Gefährdung des Kapitalismus, des US-Imperialismus und eines seiner wichtigsten Instrumente der Klassenherrschaft, der Demokratischen Partei, zu verhindern.

Loading